NEUHAUS (Bayern) - Es wirkt wie ein Schildbürger-Streich: der fränkische Brauer Benno Wirth hat sich neue Steinkrüge bestellt – auf ihrem Boden prangt der Aufdruck: "Nicht für schäumende Getränke verwenden." Schuld ist die Umsetzung einer EU-Richtlinie, die jetzt konkret wird.
Wenn ein Brauer schäumt, dann geht es in der Regel um Bier. So ist es auch bei Benno Wirth aus Neuhaus. Als die neuen Muster-Steinkrüge eintreffen, die er bestellt hat, muss er zunächst laut lachen. Dann ist er fassungslos, inzwischen sauer. Grund ist ein gedruckter "Warnhinweis" auf dem Boden der traditionellen Bierkrüge: "Nicht für schäumende Getränke verwenden" steht dort.
Ein Scherz?
"Das ist wirklich ein neues Meisterstück unserer feinen, hochbegabten EU-Politiker", schimpft Benno Wirth ironisch. "Denen ist jegliche Realität abhanden gekommen." Und tatsächlich hat der Aufdruck seine Ursache in einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2004. Für die Regelung zu deren Umsetzung galt bis zum 30. Oktober 2016 eine Übergangsfrist. Alle Krüge, die danach hergestellt werden, brauchen den Aufdruck und dürfen nur noch mit Hilfe kleiner Tricks überhaupt weiterverwendet werden.
Die Richtlinie aus Brüssel regelt den Umgang mit "Messgeräten". Darunter fallen nicht nur Geodreiecke oder Uhren, sondern eben auch Bierkrüge — und zwar dann, wenn sie einen "Messgerätecharakter" haben.
Und jetzt kommt der Schaum ins Spiel. An einem geeichten Bierglas ist der Messstreich nämlich außen gut sichtbar und der Kneipenbesucher kann locker erkennen, ob sein Gefäß halb leer oder halb voll ist — auch unter einer weißen Krone. Beim Steinkrug ist da Hopfen und Malz verloren, denn der Eichstrich, der innen steht, ertrinkt im Schaum. Der Biertrinker hat also keine genaue Kontrolle mehr, wie viel er bechert. Und der Wirt hat in Richtlinien-Deutsch "ein Messgerät, dass eine Benutzung in betrügerischer Absicht erleichtert."
Das geht natürlich nicht, dachte sich auch der deutsche Gesetzgeber. Seit. 1. Januar 2015 gilt das neue Mess- und Eichgesetz, das — neben vielen anderen Dingen — sicherstellen soll, dass kein Biertrinker über den Tisch gezogen wird. Damit er dabei weiterhin aus dem Steinkrug bechern kann, hat sich der Bayerische Brauerbund in die Bresche geworfen. Die Regelung ist "eine Lachnummer", sagt Hauptgeschäftsführer Lothar Ebbertz. "Sie liegt etwa auf dem Niveau vom Krümmungsgrad einer Salatgurke."